Ende 2019 stellte der Beirat Findorff für das Quartier »Bürgerweide« einstimmig einen Antrag für die Erstellung eines Betriebsplan zur Einführung von »Bewohnerparken« bei der zuständigen Behörde der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau (SKUMS).
Zitat aus dem Protokoll Dezember 2019: »Der Beirat spricht sich dafür aus, eine QUALITATIVE BÜRGERBETEILIGUNG durchzuführen und zu diesem Zweck insbesondere Ortsbegehungen mit den AnwohnerInnen zu durchzuführen. Auf der Grundlage dieser Informationen und in Zusammenarbeit mit dem Beirat soll ein Konzept erarbeitet werden, das zur Abstimmung in den Beirat gebracht wird. Erst danach wird auch darüber entschieden werden, ob dieses Konzept zur Umsetzung gebracht werden soll.«
Die gab es wie geplant – auch für das zweiten Gebiet »Plantage«: In einem aufwendigen Verfahren online und zugleich vor Ort in den betroffenen Straßen durch MitarbeiterInnen von SKUMS, die an zwei Wochenenden im Stadtteil deutlich erkennbar präsent gewesen sind. Über die einzelnen Standorte und Uhrzeiten wurden die FindorfferInnen in den Quartieren vorab u.a. mit einer Postwurfsendung informiert.
Was es nach über drei Jahren Prozess weiterhin nicht gibt: einen abstimmungsreifen Betriebsplan im Beirat Findorff. Warum gibt es den nicht?
Ein abstimmungsreifer Betriebsplan wurde bis heute nicht durch die zuständige Abteilung von SKUMS vorgelegt, auch weil man sich offenbar hinsichtlich der erforderlichen Parkraumkontollen mit dem verantwortlichen Innensenator nicht einig wurde – der, für Parkraumneuordnung gar nicht zuständig, inzwischen völlig intransparent ein sogenanntes »Parkraumkonzept« ins ewige Spiel gebracht hat, dass die FindorfferInnen bis heute nicht kennen. Offensichtlich um eine offene Diskussion zu vermeiden, wurde es bis heute nicht veröffentlicht, aber von irgendwem sofort an den »Weser Kurier« lanciert. Soviel zur gewünschten qualitativen Bürgerbeteiligung und zur Substanz des Slogans der SPD »Bewohnerparken mit den Menschen machen«.
Was es hingegen die ganze Zeit gab: parteipolitische Spielchen ohne Ende. Die wurden eifrig sowohl unter den Parteien im Findorffer »Stadtteilparlament« als auch zwischen den zuständigen SenatorInnen Mäurer (SPD) und Schaefer (GRÜNE) gespielt – in einem Prozess ohne echten Fortschritt, der mittlerweile im Wahlkampf angekommen ist, wobei der Beirat Findorff den 2019 initiierten Prozess der Bürgerbeteiligung mittlerweile selbst nahezu vollständig negiert.
Stattdessen meint eine Mehrheit offensichtlich obrigkeitsgläubiger LokalpolitikerInnen im Beirat Findorff – zugleich die Verfahrenswege in der Verwaltung verkennend – dass nicht die eigentlich zuständigen Fachabteilungen, sondern die SenatorInnen auf »höchster Ebene« das Problem nunmehr irgendwie mit einem autoritären Machtwort für den Stadtteil lösen würden.
Wenn man sich da mal nicht täuscht: Das ist schon rein formal nicht möglich. Bereits jetzt ist absehbar, dass sich am Ende alle bisher Beteiligten mangels geforderter Lösungskompetenz peinlich blamieren werden.
Vielleicht ist die Wahrheit aber auch eine ganz andere. Die könnte sein: Für eine kostenintensive und aufwendige Einführung von »Bewohnerparken« (durch SKUMS) im erforderlichen Zusammenspiel mit den notwendigen Parkraumkontrollen (durch Inneres) ist für den Stadtteil Findorff in Bremen ganz einfach kein Geld da – und vielleicht reicht der grünen Senatorin ein Prestigeobjekt in der östlichen Vorstadt, wobei auch bekannt ist, dass der sozialdemokratische Innensenator (Zitat: »Abzetteln bringt uns nicht weiter«) sowieso nicht ausreichend Personal für die konsequent erforderlichen Parkraumkontrollen hätte, wenn Bewohnerparken in Findorff tatsächlich eingeführte werden würde, wie im Koalitonsvertrag 2019 als Papier von gestern von SPD GRÜNE UND LINKE gemeinsam als politisches Ziel definiert.
Budenzauber als »Brot und Spiele« in Form von parteipolitischen Profilierungen der SenatorInnen im Wahlkampf hätte man am 21. Februar im Schlachthof auch sparen können, wenn die Abteilungen von Schaefer und Mäurer im kooperativen Zusammenspiel in den letzten drei Jahren ganz einfach kooperativ ihre Arbeit gemacht hätten, um eine gute Lösung für den Stadtteil zu finden.
Was von beiden Politikprofis auf der kommenden Beiratssitzung nicht zu erwarten ist: Das sich beide ihre eigene Handlungsunfähigkeit und Zerstrittenheit öffentlich eingestehen, mit dem Resultat (wie so oft in Bremen), dass ein ewiger Prozess am Ende ohne jedes Ergebnis bleibt – abgesehen davon, dass ein trauriges Ergebnis jetzt schon ist, dass für den vom Beirat Findorff damals einstimmig initiierten Prozess bisher Tausende Euro an Steuergeldern bspw. für Gutachten sinnlos verbrannt wurden.
Ein Prozess ohne jedes sinnvolle Ergebnis ist tatsächlich nicht mehr unwahrscheinlich – und auch der Beirat Findorff hat sich dieses lächerliche Finale durch die Inkonsequenz im angestossenen Verfahren hinsichtlich des eigenen Anspruchs an Transparenz und Bürgerbeteiligung selbst eingebrockt.
Man ist auf das taktisch clevere, aber irgendwie auch leicht durchschaubare Spiel auf Zeit der SenatorInnen reingefallen.
Herzlichen Glückwunsch zu soviel lokalpolitischer Naivität.
Mathias Rätsch ist Herausgeber von FINDORFF GLEICH NEBENAN, der Stadtteilzeitschrift für Handel, Dienstleistung, Kultur und Politik. Der Diplom-Designer, Texter und Kommunikationswirt ist Initiator des Stadtteilportals www.findorff-gleich-nebenan.de. Er hat kein Auto und seine Position zum Bewohnerparken ist noch nicht eindeutig, aber Mathias Rätsch ist ein größer Anhänger von Transparenz und Bürgerbeteiligung – und von der Einhaltung von Regeln: in diesem Fall die der Straßenverkehrsordnung. Das sich in Findorff viele AutofahrerInnen nicht an die Verkehrsregeln halten und Fußwege und Kreuzungen dreist zugeparkt werden, kennt er als Fußgänger nur zu gut. Weil sich dieser Zustand seit Jahren nicht ändert und ordnungspolitisch offensichtlich geduldet wird, sieht er Bewohnerparken als eine mögliche Konsequenz, ganz wie der Hamburger Verkehrsexperte Thomas Adrian, der sagt: »Nichts zu unternehmen, ist keine Option.«