Es vergeht kaum nur eine Woche, in der es in Bremen keine Meldungen über brennende Autos, eingeschlagene Scheiben oder Farbattacken auf Parteibüros gibt. Anfang Mai hat es die Polizeistation in Findorff erwischt. Unbekannte haben die Scheiben mit einer Waschbetonplatte eingeworfen. Man kann froh sein, dass die Station zu der Zeit nicht besetzt war.
Die Häufigkeit, mit der gerade Einsatzkräfte und allen voran Polizisten zum Opfer von Gewalt werden, ist erschreckend. So gab es laut Innenbehörde im letzten Jahr 947 registrierte Straftaten gegenüber Einsatzkräften. 95 Prozent davon richteten sich gegen Polizisten. Das ist ein Anstieg von 120 Straftaten im Vergleich zum Vorjahr. Die reale Zahl wird dabei noch höher liegen, da beispielsweise nicht jede Beleidigung zur Anzeige gebracht wird.
Als wären die Angriffe auf die Menschen, die für unsere Sicherheit sorgen, für sich genommen nicht schon schlimm genug, führt dies auch zu zahlreichen Folgeproblemen. So ist der Personalmangel bei der Bremer Polizei seit Jahren bekannt. Es gibt leider viele Gründe, wieso immer weniger junge Menschen diesen wichtigen Beruf ausüben wollen. Im Gespräch mit jungen Polizistinnen und Polizisten kommt dabei ein Problem besonders häufig zur Sprache: Die mangelnde Attraktivität des Polizeiberufs.
Dabei tragen nicht nur die Gewalttaten zu einer verminderten Attraktivität des Polizeiberufs bei, sondern neben der geringen Bezahlung der Einstazkäfte auch die mangelnde Unterstützung und Wertschätzung durch Politik, Medien und Gesellschaft.
Politisch relativ leicht lösen ließe sich das Problem der Bezahlung. Dafür müsste der Senat jedoch die Prioritäten im Haushalt anders setzen. Das ist anscheinend politisch nicht gewollt. Dabei ist die Gewährleistung der Sicherheit die Hauptaufgabe eines Staates und sollte daher auch als solche behandelt werden. Meiner Meinung nach darf es nicht sein, dass Polizisten vor dem Verwaltungsgericht ihren Lohn einklagen müssen.
Der Personalmangel führt letztlich dazu, dass Gesetze nicht richtig durchgesetzt werden können und die öffentliche Sicherheit insgesamt leidet. Das merken wir auch in Findorff immer wieder: Es ist völlig egal, wie viele Verkehrsschilder wir im Beirat aufstellen lassen, wenn niemand da ist, der diese Regeln auch durchsetzt. Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs: Auch bei der Bremer Kriminalpolizei wächst der Berg liegen gebliebener Akten immer weiter. Lagen vor etwa drei Jahren noch unter 10.000 unbearbeitete Akten auf den Schreibtischen, waren es 2019 schon 15.000. Die Bearbeitungszeit einer Körperverletzung beträgt durchschnittlich fünf Monate. Dabei handelt es sich wohlgemerkt nur um das polizeiliche Ermittlungsverfahren, noch nicht um das anschließende Gerichtsverfahren. Wenn Straftaten nicht oder nicht zeitnah aufgeklärt werden, leidet darunter nicht nur die öffentliche Sicherheit, sondern am Ende auch das Vertrauen in den Rechtsstaat.
Die fehlende Personalstärke wird schließlich durch immer mehr Überwachung öffentlicher Plätze und strengere Gesetze zu kompensieren versucht. Dadurch werden die Grundrechte immer weiter eingeschränkt. Verbrecher werden jedoch nicht durch Gesetze und Kameras, sondern durch Polizisten gefangen.
Das Personalproblem bei der Polizei wirkt sich damit unmittelbar auf die öffentliche Sicherheit, die Akzeptanz des Rechtsstaates und die bürgerlichen Freiheitsrechte der Bremerinnen und Bremer aus. Angesichts dieser Tatsache muss der Polizeiberuf daher dringend attraktiver werden. Jeder Angriff auf die Polizei untergräbt dieses Unterfangen und ist damit ein Angriff auf uns alle.
Zweifellos handelt es sich gerade bei der Frage nach der Wertschätzung nicht nur um ein politisches, sondern um ein gesamtgesellschaftliches Problem, denn Wertschätzung lässt sich nicht einfach »von oben« anordnen. Aber gerade deshalb sollten Politikerinnen und Politiker aller Parteien hier mit gutem Beispiel voran gehen. Nur wenn wir die Polizistinnen und Polizisten unterstützen und ihnen die Wertschätzung zukommen lassen, die sie verdienen, werden wir die Attraktivität des Polizeiberufs langfristig steigern können. Dazu gehört auch, Angriffe auf die Polizei nicht still hinzunehmen und klar zu verurteilen. Hier würde ich mir parteiübergreifend daher häufigere und klarere öffentliche Stellungnahmen für dieses für die Sicherheit und Freiheit der Bremerinnen und Bremer so fundamentale Thema wünschen.
Marcel Schröder ist 24 Jahre alt, Jurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter/Doktorand an der Universität Bremen. Er engagiert sich bei der FDP und leitet dort den Landesfachausschuss für
Innen- und Rechtspolitik. Zudem ist er stellvertretender Kreisvorsitzender der FDP Bremen Mitte-West und stellvertretender Landesvorsitzender der Jungen Liberalen Bremen. Im Beirat Findorff
vertritt er die FDP unter anderem im Ausschuss für Wirtschaft, Inneres, Kultur, Integration und Sport sowie im Ausschuss für Bildung.
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