Kann es ein Zuviel an Kunst und Kultur geben ? Wir denken nein. Neben den bekannten Angeboten in Bremen haben wir es in Corona-Zeiten gewagt, mit dem »Kunst:Haus:Findorff« eine kulturelle Begegnungsstätte zu eröffnen und dort Ausstellungen, Vorträge und Kurse anzubieten. Wieviel Mühe und Arbeit darin steckt, kann und soll man auch nicht sehen. Seit März 2021 haben wir vielen Menschen Freude bereitet und selbst viel dazugelernt. Leider müssen wir im Dezember mit dem Ende des Mietvertrags die Segel streichen. Jetzt sind wir wie viele andere auf der Suche nach bezahlbaren Atelierräumen. Fast 800 BesucherInnen kamen zu 25 Veranstaltungen und zwölf Sonderführungen. Insgesamt 22 KünstlerInnen konnten ihre Werke in den themenorientierten, kuratierten Ausstellungen zeigen. Als Begleitprogramm gab es eine Vortragsreihe, um möglichst viel Publikum zu erreichen. Das Medienecho war sehr gut: TV-Sendungen sowie Artikel im »Weser Kurier« und Stadtteilmagazinen sorgten für große Resonanz.
Bremen hat Einiges zu bieten: eine Hochschule für Künste, die Bremer Kunsthalle, die städtische Galerie ... kurzum, es sind mehr als 26 Galerien in Bremen und Bremerhaven und mehr als zehn Museen. Laut aktueller Auskunft des Kultursenators vergibt das Land Bremen Stipendienprogramme und Corona-Zuschusszahlungen und setzt mit Projekten im Tabakviertel und im HAG-Quartier neue Maßstäbe. Mit dem Stadtmusikantenhaus soll ein Anziehungspunkt in der Bremer Innenstadt geschaffen werden. KünstlerInnen sind willkommen: Bremen soll sich zu einer attraktiven Stadt auch für die junge Generation entwickeln. Auch Initiativen in den Stadtteilen wie der »Kunsthafen Walle« haben in den letzten Jahren vorbildliche Arbeit geleistet.
Doch Kunst aus Bremen kommt bundesweit in den Medien kaum vor. Eine nicht repräsentative Umfrage unter Kunstschaffenden – manche davon im Berufsverband BBK – ergab interessante Antworten.
Kulturangebote sind gefordert: Fast alle TeilnehmerInnen wünschten sich mehr Ausstellungsmöglichkeiten, mehr Respekt, mehr Medienpräsenz und bezahlbaren Atelierraum. (Jetzt könnten Immobilienbesitzer ihrem Herzen einen Ruck geben, und ihre leerstehenden Immobilien günstig zur Verfügung stellen.) Denn Kunst ist zwar schön, aber davon leben kann kaum jemand. BremerInnen mit Geld gibt es: Unsere Stadt hat eine sehr hohe Millionärsdichte. Aber diese Klientel kauft Kunst wohl eher in Berlin, Düsseldorf und Hamburg, weil es dort angesagte Galerien gibt. Bei meinen Gesprächen hieß es häufig, dass im Vergleich dazu Bremen nicht mithalten könne.
Das Thema Kunst ist sehr komplex, nicht leicht verständlich und man kann sich wunderbar blamieren. Aber es gibt Hoffnung. Sogar abstrakte Kunst hat es schließlich bis in die deutschen Wohnzimmer geschafft und so mancher »Van Gogh« schmückt die Wand über dem Sofa. Von Picasso bis Banksy: Die meist unverstandene Avantgarde gibt die Richtung vor – und Jahre später kann man früher heftig Bespötteltes im Kaufhaus erwerben. Es sind Fachleute gefragt, die aktuelle Kunst sichten und bewerten können. Ich habe die Verantwortlichen in Senat und die VertreterInnen verschiedener Kultureinrichtungen um ihre Meinung gebeten. Seitens des Senats gab es ausführliche Antworten. Mehr im Kulturförderbericht: www.kultur.bremen.de
Kann die Bremer Kulturszene von Kaufleuten lernen ? Um neue Wege zu gehen, wäre es eine Option endlich eine qualitative Bremer Kunst-Messe zu etablieren – als hanseatisch zurückhaltende »Art Bremen«, aber konzeptionell als ernstzunehmende, themenorientierte und von Profis positionierte und kuratierte Messe. Als Event für die professionellen SammlerInnen, aber auch für die ganze Familie – mit einem Bereich für Galerien und einem für Kunstschaffende und Ateliergemeinschaften. Und wer sich als KünstlerIn versuchen möchte, könnte das nebenan im »Pop-up Atelier« tun. Gern darf es auch eine »Kunstpreisbremse« geben auf dieser kleinen, feinen Kunst-Messe für alle. Als Mitglied der Metropolregion Nordwest könnte Bremen so ein Zentrum für Kultur werden. Bietet die »Art Bremen« interessante Kunst, kommen auch die SammlerInnen. So könnte Bremen Steuereinnahmen generieren. Positive Schlagzeilen würde es gratis dazugeben.
Text und Grafik: Manfred Schlösser, erschienen in Ausgabe 24, 2022
Manfred Schlösser initiierte gemeinsam mit Heike Seyffarth das »Kunst:Haus:Findorff«. Beide setzen sich seit Jahren engagiert mit Kunst auseinander – ganz nach dem Motto des Karl Valentin zugeschriebenen Zitats.* www.kunsthausfindorff.org