Der seit vier Generationen inhabergeführte Familenbetrieb wurde1899 in Ritterhude als Sattlerei gegründet. Als damals dann reiner Möbelbetrieb expandierte man 1972 nach Bremen. Weil es der
Möbelbranche seit den neunziger Jahren an Perspektive fehlte, änderte Familie Sander mit dem weiteren Ausbau des 1995 begonnenen Einkaufscenters nicht nur den Namen in »Sander Center«, sondern
auch die unternehmerische Vision: Das Center wurde zu einem Einkaufszentrum mit über 30 Shops, Gastronomiebetrieben und Dienstleistungsunternehmen unter einem Dach, deren Angebot man gern nutzt,
»...weil es sich lohnt.«. Alle Infos auf www.sandercenter.de
Herr Sander, Ihr Name steht in guter Familientradition für eines der drei größten Einkaufszentren in Bremen. Für wieviele MitarbeiterInnen sind Sie im »Sander Center« verantwortlich ?
Direkt verantwortlich bin ich nur für ganz wenige MitarbeiterInnen. Da sind der Hausmeister, die Reinigungskraft und die Gärtnerin zu nennen. Die Verwaltung machen wir selbst: Mein Vater und ich kümmern uns um das Administrative, seine Frau Karin erledigt die Buchhaltung und meine Frau kümmert sich um Marketing und PR. Insofern sind wir als »Sander Center« sehr schlank aufgestellt, brauchen auch nicht viel Platz, sind aber dennoch täglich vor Ort – und wissen auch immer was los ist.
Welche Eigenschaften sollte man als Center Manager haben ?
Wichtig ist, die Freude mitzubringen, sich auch um die kleinen Dinge zu kümmern, die immer wieder anfallen – ob es eine Tür ist, die klemmt oder ob es irgendwo eine Stolperfalle gibt. Ich kümmere mich gerne selbst, damit alles gut ist und ich im Bilde bin. Man sollte auch das Gespräch mit den MieterInnen suchen, ob etwas zu ändern ist oder ob es Ideen gibt, die umgesetzt werden könnten. Die Präsenz vor Ort ist wichtig. Diese Präsenz vkann man auch nicht von irgendwem leisten lassen. Man muss parat und erreichbar sein.
Ist ein Einkaufszentrum einfach nur eine Immobilie, für die Sie MieterInnen finden müssen, um 30.000 Quadratmeter Fläche zu bespielen – oder ist ein Einkaufszentrum viel mehr ?
Vor vierzig Jahren gab es bei den Möblern nur Flächenwachstum, weil der Bedarf einfach da war. Vor 25 Jahren ist es dann langsam gekippt. Bis 1996 waren wir »Möbel Sander« mit einem reinen Sortiment an Möbeln, Küchen, Leuchten, Haushaltswaren, Gardinen und Teppichen. Aus »Möbel Sander« wurde dann schrittweise das »Sander Center«, weil wir immer mehr externe MieterInnen hereingenommen haben. Wir erweiterten 1996 zwar noch das Möbelhaus mit einem Anbau über vier Etagen, aber der Zenit in der Branche war längst erreicht. Die Nachfrage nach wertigen Möbeln sank langsam. 2005 haben wir 5.000 Quadratmeter im Erdgeschoss an einen großen Elektrofachmarkt vermietet. Mit dem Verkauf von hochwertigen Möbeln wurde es nicht einfacher, so dass wir uns 2008 dazu entschlossen haben, auch die vier Etagen an »Möbel Roller« zu vermieten. Es hat sich gezeigt, dass die damalige Entscheidung, mehr auf Masse und preisbewusste Zielgruppen zu setzen, richtig war.
Wieviele Unternehmen gibt es heute im »Sander Center« ?
Wenn man die Dienstleistungsunternehmen wie Planungsbüros und Friseure dazu zählt, sind es über 40 MieterInnen.
Wie haben Sie das »Sander Center« werblich positioniert ?
Früher hatten wir vor Ort überwiegend Einzelhandelsgeschäfte. Mittlerweile haben wir beispielsweise ein großes Fitnesscenter. Demnächst kommt das größte Bowlingcenter Bremens dazu, das vorher in Findorff an der Plantage ansässig war. Ich sehe uns nicht mehr als Zentrum des Einzelhandels. Ich sehe uns heute als Stadtteilzentrum – im Mix mit 50 % Einzelhandel, 25 % Sport- und Freizeitangeboten und 25 % Gastronomie.
Gibt es bei Ihnen im Vergleich zu stationären EinzelhändlerInnen von allen einzuhaltende Regeln, was beispielsweise die Öffnungszeiten oder die Gestaltung der Schaufenster betrifft ?
Einheitliche Öffnungszeiten haben wir einmal angedacht, aber wieder verworfen. Es hat sich gezeigt, das unterschiedliche Öffnungszeiten für unterschiedliche AnbieterInnen sinnvoll sind. Ich möchte den Individualisten unter unseren MieterInnen nicht die Öffnungszeiten von Filialisten aufdrängen. Unsere Kernöffnungszeit ist von 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr.
Gibt es einen gemeinsam finanzierten Werbeetat für eine übergeordnete Kommunikation des Centers – oder wirbt jedes Unternehmen als Mieter im Center für sich selbst ?
Jeder wirbt, wie er es für richtig hält. Manche werben auch gar nicht. Individuelle Lösungen gelten ebenso für die Schaufenstergestaltung, die wir niemandem vorschreiben. Als übergeordnete Werbung für das »Sander Center« haben mit den Sonntagsverkäufen im Sommer und im Herbst im Jahr zwei Termine, die gemeinsam beworben werden. Die sind völlig ausreichend.
Bei uns in Findorff gab es zuletzt heftige Diskussionen über Parkplätze für den Einzelhandel. Stichwort »Brötchentaste«: Es ging um die Parksituation für potentielle KundInnen, die Geschäfte in unserem Stadtteil von auswärts kommend mit dem Auto besuchen. Eine »kreative« politische Idee: Der zeitweise Zugriff auf die privatwirtschaftlich bewirtschafteten Parkplätze der Supermärkte bei uns im Stadtteil. Mit dem Abstand der Entfernung betrachtet: Was halten Sie davon ?
Das ist völlig in Ordnung, wenn alle Beteiligten damit leben können. Man muss es so sehen: Jede Struktur braucht ihre Organisation.
Wie ist die Parksituation am »Sander Center« ?
Die Situation bei uns ist mit 2.000 für unsere KundInnen kostenlos nutzbaren Parkplätzen sehr entspannt. Wir haben Parkplätze für alle. Auch die Bahnanbindung ist gut: 500 Meter von unserem Standort ist der Bahnhof Oslebshausen entfernt.
Auch Ihr Stadtteil hat spezielle Themen: In Oslebshausen, wo das »Sander Center« seinen Standort hat, ist eine heftig umstrittene Bahnwerkstatt geplant. Die Bürgerinitiative vor Ort möchte das Projekt notfalls mit einer Klage verhindern. Sie haben sich in den Prozess persönlich eingeschaltet und angekündigt, die Kläger finanziell unterstützen zu wollen. Diese Bereitschaft ist für einen bekannten Unternehmer eher ungewöhnlich. Wie wichtig ist es für Sie, Position zu beziehen – und sich auch lokalpolitisch vor Ort zu engagieren ?
Gerechtigkeit ist mir wichtig. Und Sinnhaftigkeit ist mir wichtig. Wenigstens ein Kriterium sollte erfüllt sein, optimalerweise beide Kriterien. Ich finde die Ansiedlung der Bahnwerkstatt weder sinnvoll noch gerecht. Oslebshausen ist bereits über Gebühr belastet – nicht nur durch Lärm. Die Klage ist eingereicht und läuft.
Auf der vorhandenen Dachfläche des Sander-Einkaufszentrums in Oslebshausen wurde vor zehn Jahren Bremens stärkste Photovoltaik-Anlage in Betrieb genommen, die auf 16.300 Quadratmetern Dachfläche Strom für über 460 Haushalte »erntet«. Wie kam es dazu ?
Die Dachfläche des Centers musste damals komplett saniert und neu mit Bitumenbahnen belegt werden, was uns viel Geld gekostet hat. Wir haben überlegt, wie wir die Sanierung finanzieren könnten. Dabei kam uns die Idee, dass diese Kosten auch jemand anderes bezahlen könnte. Gesagt, getan: Wir haben die gesamte Fläche sinnvoll für alle an den Betreiber einer Solaranlage für seine Solarpanels vermietet.
Ist das in erster Linie pragmatischer Geschäftssinn oder auch ökologisches Bewusstsein ?
Ich sehe darin keinen Gegensatz: Umweltschutz liegt uns am Herzen, deswegen verzichten wir seit Jahren auf »UnkrautEx« auf dem Gelände, pflanzen freiwillig Obstbäume und Blühstreifen für die Insekten und werden in den nächsten Monaten 250 Solarcarports mit 20 Ladestationen auf dem Gelände errichten lassen. Die Dachfläche ist bereits komplett bestückt mit PV-Modulen. Atomstrom gibt es hier auch schon seit Jahren nicht mehr. Alle öffentlichen Bereiche werden mit Strom aus Wasserkraft beleuchtet. Das kostet zwar alles viel Geld, aber als Unternehmen mit fast 125-jähriger Geschichte haben wir schon immer einen längerfristigen Blick in die Zukunft gehabt und entsprechend nachhaltig gewirtschaftet.
Auch hier die Frage angesichts der bis heute immer noch vielen ungenutzten Dachflächen in Bremen und Findorff: Welchen Tipp haben Sie, damit es auch bei uns mit der Klimawende vorangeht ?
Es gilt engagierte Menschen zusammenbringen, eher pragmatisch vorzugehen, und dabei zu schauen, wie gute Lösungen für die Beteiligten optimalerweise auch einen konkreten monetären Nutzen haben könnten.
Welches Geschäft in Findorff würde Sie begeistern, damit Sie unserem Stadtteil für eine Shoppingtour besuchen – abgesehen von den kulinarischen Angeboten in der »L‘Orangerie« am Findoffmarkt, in der wir es uns gleich gut gehen lassen ?
Was in Findorff sehr begeistert ist die Vielfalt der inhabergeführten Geschäfte, von denen jedes eine ganz eigene Atmosphäre hat. Dieses Angebot im Findorffer Einzelhandel kann man nicht mit einem Center vergleichen. Aber es muss beides geben, für alle, die mal hier hingehen und mal dort hingehen.
Herr Sander, sollten Sie angesichts dieser diplomatischen Antwort vielleicht nicht doch in die Politik gehen ?
Eher hacke ich mir eine Axt ins Bein.
Interview: Mathias Rätsch, Foto: Kerstin Rolfes, Interview erschienen in Ausgabe Nr. 28, 2023