HEIKE KLOPSCH IST INHABERIN DER »Herzkümmerei«


Ich wollte nie eine »Liebeskummer-Tante« sein.

Jörg Lochmon ist im Kulturzentrum Schlachthof mit zuständig für das Programm in Bremen Findorff Findorffer Geschäftsleute Magazin Stadtteil Bremen Einzelhandel Gastro Restaurants essen gehen

Liebeskummer ist nicht an ein Alter gebunden. Ältere Menschen können sehr starken Liebeskummer haben, aber auch viele Jugendliche betrifft es. Kann man Liebeskummer coachen? Frau kann:  Marlene Kurz hat die Liebeskummer-Coachin Heike Klopsch, Gründerin der »Herzkümmerei«, für FINDORFF GLEICH NEBENAN interviewt. Weitere Informationen gibt es online auf www.herzkuemmerei.de

 


Sie sind tätig als Liebeskummer-Coachin. Wie kamen Sie auf die Idee, die »Herzkümmerei« zu gründen?

 

Das passierte tatsächlich auf Umwegen. Ich habe lange als Bildungsmanagerin gearbeitet. Im Rahmen eine Umstrukturierung habe ich mich vor vielen Jahren entschieden, eine Ausbildung als Coach zu machen. Es war eine sehr gute Ausbildung und ich habe die Zeit genutzt, um mich emotional aus meinem alten Job herauszulösen. Für eine Bildungsmanagerin geht es immer um Karrierefragen und -geschichten. Ich wollte das Wissen weiterhin gerne anwenden und habe mich daher entschieden zukünftig als Karrierecoachin zu arbeiten. Eines Tages kam eine Klientin mit einem Karriereproblem zu mir und wir kamen im Coaching einfach nicht voran. Irgendwann habe ich das thematisiert, sie fing unvermittelt an zu weinen und erzählte mir, dass sie eigentlich einen ganz heftigen Liebeskummer hat. Ihr Mann hatte sich von ihr getrennt. Der Trennungsschmerz hatte das ganze Coaching überlagert. Durch ihren Schmerz war sie eigentlich gar nicht arbeitsfähig. Im Nachhinein denke ich, sie hat eigentlich nur darauf gewartet, dass sie die Trennung thematisieren konnte. Sie hat mich dann gefragt, ob wir  an dem Trennungsthema arbeiten können und ich meinte »Wir können es ja mal probieren, auch wenn es nicht so mein Schwerpunkt als Thema ist.« Das war mein Einstieg ins Trennungscoaching, weil ich gemerkt habe, dass ich an einem viel menschlicheren Thema arbeiten möchte, abgelöst vom Thema »Karriere« – und darauf  hat mich diese Klientin durch Zufall aufmerksam gemacht und bestärkt.

 

Was genau ist die »Herzkümmerei«?

 

In der Herzkümmerei coache und berate ich rund um die Themen Liebeskummer und Trennung, wobei meine Tätigkeit mittlerweile sehr viel tiefer geht. Was ich nie sein wollte war eine »Liebeskummer-Tante«, sondern ich wollte immer ein bisschen mehr. Es ist mir sehr schnell klar geworden, dass ich nicht die sein möchte, die nur zugehört und tröstet – was man ganz oft im Internet findet als »Zehn gute Tipps und was du jetzt machen kannst«. Klar, diese Tipps gehören auch dazu, aber was mich sehr viel mehr fasziniert hat und auch größtenteils der Grund für die Frauen ist, zu mir kommen, ist die Frage nach dem »Warum«. Durch die Fragen nach dem »Warum« wird es richtig oftmals spannend. Die entscheidende Frage ist dann oft dahinter: »Warum habe ich mich in diesen Mann verliebt  ?« Häufig gibt es bestimmte Muster, die dahinter stehen. Das sind die Themen, an denen wir ganz intensiv arbeiten. Auch sehr spannend: Am Ende geht es gar nicht mehr so sehr um das Thema der Trennung und um diesen Mann, sondern wir sind eigentlich immer sehr schnell bei der Fragestellung, was will frau tatsächlich im Leben ?

 

Verbirgt sich hinter der umgangssprachlichen Bezeichnung »Liebeskummer-Coach« ein anerkannter Beruf ?

 

Nein, der Begriff »Coach« ist keine geschützte Bezeichnung. JedeR kann sich als Coach bezeichnen. Im Internet finden sich mittlerweile ungezählte Coaches. Viele haben oftmals sehr oberflächliche Ausbildungen. Es gibt aber auch sehr gute zertifizierte Ausbildungen, die unbedingt an Qualitätssicherung interessiert sind. Tatsache ist: Es gibt bei Coaches sehr große Qualitätsunterschiede und es ist kein anerkannter Beruf.

 

Haben Sie sich gezielt für Hamburg als Standort für die »Herzkümmerei« entschieden oder wie kam es dazu ?

 

Ich bin selbst Hamburgerin. Dadurch kam Hamburg für mich quasi als einzige Möglichkeit in Frage, hier die Herzkümmerei zu eröffnen. Es ist aber auch ein Vorteil in einer Großstadt zu arbeiten, da wir hier wie auch in Bremen extrem viele Singles haben. Ich glaube mittlerweile hat Hamburg über 50 % Single-Haushalte. Zudem denke ich ist auch ein gewisses Mindset dahinter, dass GroßstädterInnen eher bereit sind, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, was ja beim Coaching in der Regel der Fall ist. Als ich angefangen habe, habe ich nur in Präsenz gecoacht. Mittlerweile habe ich viele KlientInnen, die ich online coache. Auch KlientInnen in Findorff und Bremen sind dadurch kein Problem, aber am liebsten arbeite ich in Präsenz. 

 

Liebeskummer ist nicht an ein Alter gebunden. Ältere Menschen können sehr starken Liebeskummer haben, aber auch viele Jugendliche betrifft es. Coachen Sie nur Erwachsene oder kommen auch Jugendliche zu Ihnen ? 

 

Die jüngste Frau die ich gecoacht habe war Anfang 20. Das eher Erwachsene kommen hat damit zu tun, dass Coaching eine bezahlte Leistung ist. Jugendliche können  sich mein Angebot finanziell nicht leisten. Von daher arbeite ich nur mit Erwachsenen. Das geht so in den Zwanzigern los,aber der Kern ist immer so letztes Drittel in den Dreißigern. In diesem Alter sind es sehr viele Menschen – und nach oben gibt es keine Grenze.

 


Muster kann man nicht wegzaubern.

Wie kann ich mir ein Liebeskummer-Coaching vorstellen ?

 

Die meisten Menschen kommen in der Regel zu mir, weil sie von ihren PartnerInnen getrennt worden sind. Wir versuchen gemeinsam herauszufinden »Worum geht es eigentlich ?« Es geht natürlich erst einmal um die Trennungsgeschichte an sich, also wenn es ein sehr akutes Trennungsthema ist, stelle ich mir zunächst die Frage »Was kann man jetzt für die betroffene Person tun ?«. Dabei geht es anfangs auch um Hilfestellungen, wie man durch die erste akute Zeit des Schmerzes kommt. Bei einer Trennung geht es aber primär um das Selbstwertgefühl. Trennungscoaching ist deshalb immer eine Arbeit an sich selbst, sehr oft eine Arbeit am Selbstwert. Wir erarbeiten aber auch oft das jeweilige Beziehungsmuster der Klientin. Wie sah das in der Vergangenheit aus ? Wie waren ihre früheren Partner  Da wird oftmals ein Muster erkennbar und ich frage dann im nächsten Schritt »Wo kommen diese Muster her  ?«. Frauen, die wirklich so tief gehen wollen, biete ich die sogenannte »Genogramm-Arbeit« an. Dabei betrachten wir die Beziehungen der Eltern, manchmal auch noch die der Großeltern. »Wie haben mich meine Eltern geprägt ?«, »Was für Glaubenssätze sind in der Zeit entstanden ?«, »Wie kann ich meine Glaubenssätze ändern ?«. In diesen Phasen geht es richtig tief hinein in die Persönlichkeitsarbeit. Gleichzeitig geht es im Coaching immer darum, den Selbstwert zu stärken, weil der durch die Trennung oftmals sehr angeschlagen ist. 

 

Wie lange sind KlientInnen im Durchschnitt bei Ihnen ? 

 

Nicht selten entwickeln sich richtige Prozesse. In der Regel benötigen wir im Schnitt fünf  bis sieben Sitzungen, aber es gibt auch Klientinnen, die länger bleiben. Wir arbeiten im Abstand von zwei bis vier Wochen. Das ist ein richtiger Prozess, aber das ist auch gut so, denn die Muster, die entstanden sind, haben sind über viele Jahre – und manchmal sogar über Jahrzehnte –  herausgebildet. Diese Muster kann man nicht mit einem Fingerschnipp wegzaubern. Es ist ein längerer Entwicklungsprozess – und der braucht Zeit.

 

Wie lange geht ein Coaching bei Ihnen und wie viel kostet es ?

 

Eine Sitzung dauert in der Regel zwei Stunden. Eine Stunde kostet 80,00 Euro.

 

Haben viele KlientInnen anfangs Hemmungen über private Themen wie Trennung zu sprechen ?

 

Ja und nein. Meistens sind die Frauen sehr offen. Sie finden bei mir ja einen sehr geschützten Raum, in dem sie frei sprechen können. Es kommt irgendwann der Punkt, an dem sie anfangen, Dinge zum ersten Mal auszusprechen. Das ist für mich ein sehr bewegender Moment. Generell ist eine Offenheit gegeben, sonst würden sie ja nicht kommen: Die Frauen wollen an ihren Themen arbeiten. Je mehr Vertrauen zwischen KlienTinnen und Coachin da ist, um so besser kann man zusammenarbeiten. Das Vertrauen zu mir entscheidet ganz wesentlich über den Coachingerfolg. In dem Moment, wo KlientInnen sich öffnen können, ist eine tiefe und gute Arbeit möglich. Es gibt dann wunderbare Momente für beide Seiten.  

 

Wie hoch ist Ihre Erfolgsquote, dass unglücklich Verliebte ihren Liebeskummer mit dem Coaching überwinden ?

 

Extrem hoch ! Ich würde sagen fast 100 %. Wenn die KlientInnen offen sind, an sich zu arbeiten, sind die Voraussetzungen gegeben und man kann man wunderbar an den Themen arbeiten.

 

Was für Auswirkungen kann Liebeskummer auf Dauer haben, wenn man ihn nicht überwindet ?

 

Wenn man immer wieder dem gleichen Muster folgt, steckt man in einer Dauerschleife. Liebeskummer zu haben ist normal, aber wenn man festgestellt, dass sich Dinge immer wiederholen und man sich nicht gut dabei fühlt, ist es  sinnvoll, genauer hinzuschauen und zu fragen: Warum ist das so? Ich habe dann die Chance, ein Muster zu durchtrennen. Meine KlientInnen gehen nach den Sitzungen gereifter und selbstbewusster aus dem Coachingprozess raus. Sie wissen danach viel besser, wer sie sind und  was sie wollen. Auf dieser Basis können sie andere PartnerInnen wählen – und sind dann tatsächlich in die Lage versetzt worden, glücklichere Beziehungen zu führen. 

 

Was war Ihr bisher schwierigster »Fall« ?

 

Tatsächlich war das ein Mann, der gekommen ist. Er war ein sogenannter Bindungsvermeider. Der Klient war nicht in der Lage, länger als im Schnitt sechs Monate in einer Beziehung zu verbleiben. Er wollte im Coaching versuchen, seine Bindungsangst zu überwinden. Mit ihm habe ich ein halbes Jahr sehr intensiv gearbeitet. Es gibt tatsächlich Gründe, warum Menschen nicht in Bindungen bleiben können, obwohl das ihr tiefer Wunsch ist.  Bei ihm lief es tatsächlich immer nach dem gleichen Muster ab: Immer wenn es ernst wurde und die Frau ein »Commitment« haben wollte, hat er für sich Gründe gefunden, die Beziehung zu beenden.  Er hatte Angst vor Nähe. Immer wenn die Frauen ihm zu nahe kamen, ist er ausgewichen und hat sich zurückgezogen. Am Ende hat er sich jedes mal finalgetrennt. Im Nachhinein musste ich erkennen, dass er nicht wirklich bereit war, an seinem Thema zu arbeiten und dadurch etwas zu verändern. Es hat etwas gedauert, bis ich das erkannt habe. Ich habe tatsächlich etwas gezögert, aber dann das Coaching von meiner Seite beendet. Das ist etwas, was in meiner Coachingpraxis äußerst selten vorkommt.

 

Gibt es eine Jahreszeit, in der Sie die mehr Anfragen für Ihr Leistungsangebot bekommen ?

 

Das ist vermutlich nicht erstaunlich: Verstärkt Anfragen gibt es an den Tagen um die Weihnachtszeit. Insbesondere der Jahreswechsel ist ein Zeitpunkt, an dem extrem viele Trennungen stattfinden. Es gibt Coaches die sagen, Anfang des Jahres haben sie besonders viele Anfragen, aber bei mir ist sind die relativ stabil. Es gibt aber tatsächlich valide Zahlen, die belegen, dass zum Jahreswechsel viele Trennungen stattfinden.  

 

Wie steht es um Ihr eigenes Liebesglück ?

 

Ich bin tatsächlich seit 34 Jahren mit meinem Mann zusammen und habe eine erwachsene Tochter. Die Ehe hält seit 30 Jahren, was aber nicht heißt, dass diese Ehe immer einfach ist und war. Natürlich nicht, über drei Jahrzehnte ein Paar zu bleiben, das bedeutet Arbeit. Es ist aber auch eine Arbeit, die gelingen kann, wie man sieht. Eine gelingende Beziehung basiert immer auf einer gemeinsamen Entwicklungsarbeit. 

 

Interview: Marlene Kurz, Foto: Heiderose Kay, erschienen in Ausgabe 31 im Oktober 2024

 

Kann man Liebeskummer coahen? Ja, sagt Heike Klopsch.
Foto © Heiderose Kay